Zurzeit wird eine Studie der Pädagogikprofessorin Joy Butler von der Universität British Columbia zitiert und vielfach die Abschaffung von Völkerball / 2-Felder-Ball gefordert. Völkerball, so heißt es, sei ein Mittel der Unterdrückung, ist gleichzusetzen mit legalisiertem Mobbing. Der Sport bringe die Schülerinnen und Schüler dazu ihre Mitschüler zu „entmenschlichen“ und ihnen zu schaden.
Dazu ist festzuhalten, dass es die vielfach zitierte Studie bislang nicht gibt! Es gab lediglich einen Abstract und Vortrag von David Burns, Joy Butler und Claire Robson bei einer Konferenz in Vancouver Anfang Juni, eine Studie soll erst noch erscheinen. Der Vortrag bezog sich ausschließlich auf „Dodgeball“, nicht auf Völkerball. Dodgeball wird mit weniger Spielern und mehreren Bällen gespielt. In deutschen Schulen wird das Spiel normalerweise mit allen Schülerinnen und Schülern gleichzeitig gespielt.
Der Diskurs in deutschen Medien zeigt die Unkenntnis von modernem, kompetenzorientiertem, multiperspektivischem Sportunterricht, wie er in den meisten Sporthallen heutzutage stattfindet: Lerngruppen reflektieren auftretende Schwierigkeiten, Ängste oder Hindernisse im gemeinsamen Unterrichtsgespräch. Daraufhin verändern die Schülerinnen und Schüler die Spiele, indem beispielsweise Regeln, das Spielfeld oder Material angepasst und verändert werden. So entstehen die unterschiedlichsten Spielvarianten, die alters- und gruppenspezifisch sind. Es gibt beispielsweise Völkerballvarianten mit verschiedenfarbigen Softbällen (gelb für den Jungenball, grün für den Mädchenball, rot darf nur mit dem schwächeren Arm geworfen werden), mit Hindernissen auf dem Spielfeld zum Verstecken, mit weiteren Spielebenen (die Abgeworfenen klettern im gegenüberliegenden Feld auf einen großen Kasten und können durch Fangen eines Gegenstandes aus einer Kiste aus dem Feld des eigenen Teams sofort wieder ins Spiel kommen) usw. Täglich werden in deutschen Schulen unterschiedlichste Varianten dieses Spiels gespielt. Dies ist auch der Grund dafür, dass Völkerball nach wie vor eines der beliebtesten Spiele in der Schule ist und von den Schülerinnen und Schülern sehr gern gespielt wird, nicht nur von den Leistungsstarken. Dass die Lehrkraft die Mannschaften einteilt und das Wählen nicht den Schülerinnen und Schülern überlassen wird, ist selbstverständlich.
Übrigens haben Burns, Butler und Robson darauf hingewiesen, dass sie Dodgeball nicht abschaffen wollen, sondern vielmehr eine Diskussion über positive und negative Aspekte dieser Sportart entfachen wollen. Diese Diskussion wurde über Völkerball in Fachkreisen in Deutschland bereits vielfach geführt.


Dr. Daniel Möllenbeck
Vizepräsident Öffentlichkeitsarbeit